KI für nachhaltige Werkstoffe

Abfall im Zement – und die Qualität wird besser

Wie gelingt es Unternehmen, ressourcenschonender und umweltfreundlicher zu wirtschaften? Christoph Völker, Leiter des Geschäftsbereichs Sustainable Solutions beim Münchner Softwarehaus iteratec, schlug auf der Hannover Messe vor, KI und Digital-Twin-Technologie zu kombinieren, um Zielen wie Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft näherzukommen. Bei der Veranstaltung von CIOmatch warnte er die rund 60 CIOs im Auditorium, dass die Verfügbarkeit von Rohstoffen in den kommenden Jahren massiv abnehmen werde. Schon jetzt gebe es einen deutlichen Handlungsbedarf.

Völker zeigte am Beispiel eines Baustoffproduzenten, wie es gehen kann. Der Kunde hatte sich dazu entschieden, bis zu einem gewissen Grad Abfallschlacken als Zement-Ersatzstoff einzusetzen, benötigte dazu aber einen kostengünstigen chemischen Aktivator. Die Verantwortlichen entschieden sich, dafür einen digitalen Zwilling zu bauen und KI-gestützt Rezepturen zu generieren. Innerhalb von acht Wochen gelang es, 50.000 mögliche Rezepturen zu identifizieren, von denen elf als ideale Hochleistungsmaterialien genutzt werden können. Der Anbieter konnte so in kurzer Zeit einen neuen Zement-Ersatzstoff mit einem um 80 Prozent geringeren CO₂-Footprint einführen.

Vorschläge der KI im Labor validiert

iteratec hat mit Lösungen wie diesen einen neuen lukrativen Markt erschlossen. Beispielsweise gelang es auf ähnliche Weise, Lösungsmittel für nachhaltigere Spritzgussteile herzustellen. Ein Polymerhersteller musste toxische Lösungsmittel in seinen Spritzgussteilen ersetzen und wollte dazu einen via Recycling gewonnenen Ersatzstoff beifügen, der die Produktqualität nicht beeinträchtigen durfte.

Das Team erstellte einen digitalen Zwilling für Lösungsmittel und analytische Rezyklatdaten und nahm eine KI-gestützte Analyse alternativer, umweltfreundlicher Lösungsmittel vor. Die Vorschläge der KI konnten schnell im Labor validiert werden.  So identifizierte iteratec drei nachhaltige Lösungsmittel-Alternativen innerhalb von sechs Wochen. Ohne dass die Produktqualität litt, wurden die toxischen Lösungsmittel in den Spritzgussteilen vollständig ersetzt.

Größter Hebel in der Entwicklung nachhaltiger Materialien

Im CIOmatch-Forum zeigte die abschließende Diskussion mit den anwesenden CIOs, dass diese Beispiele übertragbar sind. Stefan Rauch, Geschäftsführer von iteratec, machte deutlich, dass sich Simulationen mit einem digitalen Zwilling in Kombination mit KI-generierten Lösungsszenarien auf viele Geschäftsanforderungen übertragen lassen. Das gilt für die Erprobung von Materialien genauso wie für Logistik- oder Produktionsprozesse.

Am einfachen lässt sich der enorme Hebel aber eben doch in der Entwicklung nachhaltiger Materialien demonstrieren, wie der Vortrag von Völker zeigte. Mit KI-Lösungen können neue Rezepturen und Materialzusammensetzungen um ein Vielfaches schneller hergestellt werden als mit den herkömmlichen Methoden. Unternehmen werden in den Stand versetzt, ihre Produktdesigns und Fertigungsprozesse fit zu machen für eine Zukunft, in der recycelte Materialien genutzt und etwaige Qualitätsmängel der Rohstoffe kompensiert werden können.

Christoph Völker, iteratec

Tausende Rezepturen innerhalb weniger Wochen: Digitale Zwillinge helfen Baustoffherstellern, nachhaltiger zu wirtschaften, so Christoph Völker, KI-Experte bei iteratec. (Foto: David Ausserhofer/CIOmatch)